Nicht ganz so weit entfernt wie Irland, aber ruhiger als Cornwall und Co., bietet sich Wales für Naturliebhaber:innen, Wanderlustige, Vogelbeobachter:innen oder Fans von Mystik und alten Gemäuern als ideales Reiseziel für die Sommerferien an. Von der rauen Schönheit des Snowdonia-Nationalparks über idyllische Küstenlandschaften bis hin zu eindrucksvollen historischen Stätten wie Caernarfon Castle oder dem Camelot-Kandidaten Caerleon mit seinen historischen Pubs – sicher kehrst du mit einem gut gefüllten Rucksack voller Eindrücke wieder nach Hause zurück.
Spätestens dann wirst du aber bemerken, dass die Sache einen Haken hat. Wer sich nämlich während des Urlaubs um das Walisische herumgemogelt und mit Englisch durchgekämpft hat, dem fehlen zu Hause dann die Worte: Wie spricht man diese Wortungetüme aus? Dim problem (Walisisch für: Kein Problem)! Wir klären die wichtigsten Fakten rund um diese geheimnisvolle Sprache und helfen, den walisischen Drachen zu zähmen!

1. Wie ist Walisisch entstanden?

Walisisch ist eine keltische Sprache, die zusammen mit den romanischen, slawischen und baltischen Sprachen oder Griechisch, Armenisch und Persisch zur indogermanischen Sprachfamilie gehört. „Die Kelten“ kamen nie als geschlossene Volksgruppe oder gar Nation vor – man war keltisch, wenn man Keltisch sprach. Und das tat man bis zur Geburt Christi noch in weiten Teilen Europas und in Kleinasien.

Römer und Germanen drängten das keltische Volk im Lauf der Zeit immer weiter nach Westen an den Rand Europas. Deshalb entwickelte sich die keltische Sprache vor allem in den nordwestlichen Gebieten weiter, unter anderem in der Bretagne, wo das Bretonische entstand, und in Schottland und Irland, wo dann Schottisch-Gälisch bzw. Irisch-Gälisch gesprochen wurde. Die anderen ursprünglich keltischen Sprachen Kornisch, das in Cornwall, und Manx, das auf der Isle of Man heimisch wurde, galten zeitweise als ausgestorben, auch wenn es Bestrebungen gibt, sie wiederzubeleben. Das Walisische dagegen hat sogar steigende Sprecherzahlen vorzuweisen.

2. Welche Bedeutung hat das Walisische für die Waliser:innen?

Obwohl in Wales kaum jemand ausschließlich Walisisch spricht und längst nicht alle Waliser:innen die Sprache beherrschen, schätzen sie „Cymraeg“ (Köm’raig) als wesentliche Ausdrucksform ihrer Kultur und Identität. Besonders eindrucksvoll hört sich diese Verbundenheit im Fußballstadion an: Die Waliser:innen singen nicht nur patriotische Hymnen, sondern auch walisische Volkslieder, in denen selbst die einfachsten Geschichten nach großer Epik klingen. Und tatsächlich gibt es durchaus vereinzelt Gebiete, in denen das Walisische dominiert – etwa in den Grafschaften Gwynedd oder Ceredigion, beides übrigens auch sehr empfehlenswerte Reiseziele!

Wie überall auf der Welt ist die Gesellschaft in den größeren Städten bunter und vielfältiger als auf dem Land – auch in Wales finden sich in Städten wie Aberystwyth, Bangor oder Cardiff etwa die für England typischen indischen und pakistanischen Läden sowie Menschen unterschiedlichster Herkunft, deren erste Priorität es vielleicht nicht unbedingt ist, Walisisch zu lernen.

Wer jedoch Interesse an der Sprache hat, kann sie lernen – die Politik arbeitet seit Jahrzehnten daran, die walisische Sprache zu erhalten und zu fördern. So wurde Walisisch 1993 in Wales mit dem Englischen gleichgestellt, was unter anderem dazu führte, dass sämtliche offiziellen Schilder zweisprachig sein müssen (was mal besser und mal schlechter funktioniert, wie dieses Beispiel zeigt). Außerdem können Kinder Walisisch nicht nur als Schulfach, sondern sogar als Erstsprache wählen, und es gibt vereinzelt Schulen, in denen der Unterricht hauptsächlich auf Walisisch stattfindet. Auch für Erwachsene werden Sprachkurse auf unterschiedlichsten Niveaus angeboten, und walisische Sprachgemeinschaften werden aktiv gefördert. Und das mit Erfolg: In den letzten Jahren ging die Zahl der Sprechenden nicht mehr zurück, und keine andere keltische Sprache wird von so vielen Muttersprachler:innen verwendet.

Fun Facts am Rande: 😊

  • Heutzutage sind auch moderne Werke wie Harry Potter und der Stein der Weisen auf Walisisch verfügbar.
  • Es gibt ein walisisches Lehnwort, das du mit Sicherheit kennst: Pinguin bzw. penguin. Es setzt sich aus den walisischen Wörtern „pen“ für Kopf, und „gwen“ für weiß zusammen, sodass es so viel wie Weißkopf bedeutet. Diese Bedeutung mag unpassend für Pinguine sein, aber bezog sich ursprünglich vermutlich auf ihre Vorfahren, die heute ausgestorbenen Riesenalke, die zwei weiße Flecken am Kopf hatten.
3. Die wichtigsten Ausspracheregeln

Anhand des folgenden Beispiels können wir uns gleich mit zwei Regeln vertraut machen. Das „c“ wird wie ein „k“ ausgesprochen, und dass walisische Wörter oft ohne Vokale auszukommen scheinen, liegt daran, dass das „w“ wie ein Vokal ausgesprochen wird, nämlich wie „u“.

  • cwm – kum (Schlucht)
  • cwtch – kuhtsch (liebevolle Geste der Geborgenheit)

Da das „w“ also wie ein „u“ gesprochen wird, wird das „u“ wiederum meistens wie „i“ ausgesprochen.

  • sul – sil (Sonntag)
  • uwch – iuch (höher)

„ae“ wird wie „ei“ bzw. „ai“ ausgesprochen.

  • caer– kair (Festung)
  • maes –  mais (Feld)

„ch“ wird kehlig ausgesprochen, wie man es in der Schweiz tun würde, manchmal allerdings auch wie „sch“, s. cwtch.

  • gwych – gu-ich (großartig)

„dd“ entspricht in etwa dem englischen „th“, wird manchmal aber auch wie „dh“ gesprochen:

  • hiraeth – hiraith (Heimweh, Nostalgie, Wehmut)
  • dda – dha (gut)

„ff“ wird wie ein hartes „f“ ausgesprochen.

  • ffwc – fuk (verdammt)
  • ffwng – fung (Pilz)

„f“ spricht man wie ein weiches „w“ aus.

  • llif – chliw (Fluss)

Womit wir beim Knackpunkt wären: dem Doppel-l. Dieser Laut lässt sich am ehesten mit „chl“ umschreiben (wobei das ch ähnlich wie in „acht“ gesprochen wird, nicht wie in „weich“). Er kommt auch in vielen walisischen Ortsnamen vor, zum Beispiel auch in diesem, der mit seinen 58 Buchstaben übrigens der längste Ortsname der Welt ist:

Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch

Dieser eingängige Name bedeutet so viel wie „Marienkirche in einer Mulde weißer Haseln in der Nähe eines schnellen Strudels und der Kirche St. Tysilio bei der roten Höhle“.

Eine weitere Hürde ist das „y“. Je nach Stellung im Wort wird es meist als leicht dumpfe Mischung aus „ö“ und „ü“ (innerhalb eines Wortes) oder als „i“ (am Ende des Wortes) ausgesprochen, was sich am walisischen Wort für „Krankenhaus“ sehr gut demonstrieren lässt:

  • ysbyty – ös’böti (Krankenhaus)

Das y wird auch manchmal mit Akzent geschrieben, zum Beispiel bei der Halbinsel Llŷn. Das bedeutet, dass der Vokal lang gesprochen wird: Chlüüühn.

Wer sich diese und andere Wörter einmal korrekt ausgesprochen anhören möchte, wird hier fündig.

4. Die wichtigsten Phrasen

Walisisch ist, wie könnte es anders sein, eine höfliche und blumige Sprache. Aber fangen wir klein an.

  • „Helo!“ Diese Grußformel entspricht in etwa dem englischen „hello“, wird aber mit nur einem „l“ geschrieben, da die Aussprache des Doppel-l wie schon gesagt eine Kunst für sich ist.
  • „Danke“ heißt diolch yn fawr und wird so gesprochen: „diolch ön waur“.
  • Für „bitte“ gibt es drei Einsatzmöglichkeiten und Entsprechungen.
    Einmal als tatsächliche Bitte: A cup of tea, os gwelwch chi’n dda (gesprochen: „osgweluchin dha“).
    Außerdem als Antwort auf einen Dank im Sinne von „you’re welcome“: Thanks for waiting! – Croeso (gesprochen: „kroiso“)!
    Und im Sinne von „here you are“: Dyma chi (gesprochen: „dömachi“).
  • Eine weitere nützliche Floskel für Tourist:innen: Esgusodwch fi (gesprochen: „esgisoduch vi”), where is the next bus stop?
    Mit etwas Fantasie klingt das doch wirklich fast ein bisschen wie „excuse me“.
  • Und solltest du aus Versehen auf dem Snowdon, dem höchsten Berg von Wales, einen walisischen Wandergefährten angerempelt haben, stimmt ihn ein ehrliches „sorry“ bzw. ddrwg’da fi (gesprochen: „dhruhg da vi“) sicher gleich milde. Man hört aber auch immer öfter ein englisch geprägtes sori“.


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Damit beenden wir unseren kleinen Walisisch-Crashkurs und wünschen eine gute und natürlich ysbyty-freie Reise ins Land von König Artus, Catherine Zeta-Jones, Michael Sheen, Ioan Gruffudd und Rhys Ifans – von denen du jetzt endlich weißt, wie man sie ausspricht, nämlich: Ioan Griffith und Rhies Iiwans.
Solltest du jedoch immer noch lost in translation sein, dann melde dich einfach bei uns.