Zum diesjährigen Internationalen Übersetzertag, auch Hieronymustag genannt, wollen wir auf die Bedeutung der menschlichen Übersetzer:innen in einer Welt hinweisen, die immer stärker von maschinell erstellten Texten beeinflusst wird. In einer Zeit, in der künstliche Intelligenz und maschinelle Übersetzungssysteme große Fortschritte gemacht haben und viele Vorgänge vereinfachen, fragen sich einige vielleicht, ob menschliche Sprachprofis überhaupt noch relevant sind. Die Antwort lautet: absolut! Sie spielen nach wie vor eine unverzichtbare Rolle und werden auch weiterhin von unschätzbarem Wert sein. Dafür möchten wir hier sieben Gründe anführen.
1. Kontextverständnis
Maschinelle Übersetzungssysteme verstehen nicht, was sie übersetzen. Sie übersetzen stur einen Satz nach dem anderen und stützen sich dabei auf Statistiken und Datenbanken. Sie übersetzen nur wortwörtlich und sind nicht in der Lage, auch den Kontext eines Textes zu erfassen. Das Sprachwissen maschineller Übersetzungssoftware basiert zudem oft auf Texten, deren sprachliche Qualität und inhaltliche Richtigkeit häufig ungeprüft und daher fraglich ist. Menschliche Sprachexpert:innen hingegen zeichnen sich durch ein ausgeprägtes Verständnis für den Kontext aus. Sie betrachten Wörter und Sätze nicht isoliert, sondern immer in Kenntnis des gesamten Textes. Sie stellen dabei sprachliche Bezüge her, sorgen für ein besseres Verständnis und lassen auch Hintergrundinformationen und die Intention der Autor:innen in ihre Arbeit einfließen. Sie erfassen subtilere Aspekte und weil sie in die Texte tief eintauchen, erkennen sie nicht selten Fehler oder Ungereimtheiten im Original, die bei einer maschinellen Übersetzung einfach übernommen werden würden.
2. Präzision und Nuancen
Eine der größten Anforderungen des Übersetzens ist die Wiedergabe von Nuancen und sprachlichen Feinheiten. Bestimmte Wörter und Redewendungen können in verschiedenen Sprachen ganz unterschiedliche Bedeutungen haben. Hier sind KI mit ihrem Latein aktuell noch am Ende. Menschliche Übersetzer:innen erkennen hingegen, was in einem Text „zwischen den Zeilen“ ausgesagt wird. Daher übersetzen sie nicht bloß Wörter, sondern müssen auch ein großes Gespür für Idiomatik, Wortwitz, sprachliche Stilmittel, Ironie usw. mitbringen und in der Lage sein, subtile Nuancen und kulturelle Unterschiede adäquat in die jeweilige Zielsprache zu übertragen. Sie sorgen dafür, dass die Botschaft und die Absicht des Originaltextes genau übermittelt werden, und zwar ohne kulturelle Fauxpas oder Fehlinterpretationen. Bei Übersetzungen geht es schließlich nicht nur um das Übertragen von Wörtern von einer Sprache in eine andere, sondern um echtes Verstehen. Menschliche Sprachprofis sind dafür unverzichtbar.
3. Sprachliche und fachliche Kompetenz
Übersetzer:innen übersetzen niemals alles, sondern sind spezialisiert auf Sprachen und Themen, in denen sie sich wirklich auskennen und richtig gut sind. Maschinelle Übersetzungssysteme dagegen sind nicht wählerisch. Sie sind multilingual und übersetzen einfach alles, egal was. Je nach Branche, Thema und Sprache nicht selten mit enttäuschenden Resultaten. Zum einen steht und fällt die Qualität einer maschinellen Übersetzung ganz wesentlich mit der jeweiligen Sprachkombination. Eine linguistische Nähe zwischen Ausgangs- und Zielsprache erleichtert maschinellen Systemen die Arbeit. Liegen Sprachen aber weiter voneinander entfernt, beeinträchtigt das in der Regel den Output. Bereits Übersetzungen von germanischen Sprachen wie Deutsch und Englisch in beispielsweise romanische Sprachen wie Französisch oder Spanisch können für maschinelle Übersetzungssysteme nach wie vor eine Herausforderung darstellen.
Ein weiterer Faktor, der die Qualität von maschinellen Übersetzungen beeinflusst, ist die Verfügbarkeit von Trainingsdaten. Modelle wie neuronale maschinelle Übersetzungssysteme profitieren von großen Mengen an Texten in der jeweiligen Sprache. Je weniger Daten verfügbar sind, desto schwieriger wird es für das System, eine akkurate Übersetzung zu erstellen. Dies zeigt sich nicht nur dann, wenn ein Text in eine weniger verbreitete Sprache übersetzt werden muss. Auch bei bestimmten Fachthemen oder Branchen, die Expertenwissen oder einen speziellen Sprachjargon erfordern, haben die menschlichen Übersetzungsprofis meist die Nase vorn.
4. Kreativität und übersetzerische Freiheit
In vielen Bereichen, etwa in Werbung, Marketing und Literatur sind sprachlich freie Übersetzungen gefragt, und hier kommt die sprachliche Sensibilität und einzigartige Kreativität von menschlichen Sprachexpert:innen voll zum Tragen. Sie sind in der Lage, die Essenz und emotionale Tiefe eines Textes zu erfassen und in einer anderen Sprache zu vermitteln – eine Fähigkeit, die maschinelle Übersetzungen vollständig vermissen lassen.
Menschliche Übersetzer:innen kleben nicht am Text, sondern beherrschen die Kunst, auch Redewendungen und idiomatische Formulierungen in andere Sprachen zu übertragen. Bei Redewendungen oder Metaphern suchen und finden sie das passende Pendant in der jeweiligen Zielsprache. Sie nehmen sich kreative Freiheiten heraus und wissen ganz genau, wann und wie weit sie sich vom Ausgangstext entfernen müssen, damit in der Zielsprache das gleiche Wissen vermittelt wird wie in der Ausgangssprache. Automatisierte Übersetzungssysteme geraten in diesem Bereich schnell ins Straucheln, da ihnen der nötige Weitblick und das kulturelle Hintergrundwissen fehlen. Gerade in kreativen und kulturellen Bereichen ist also die Rolle menschlicher Sprachprofis von unschätzbarem Wert. Maschinelle Übersetzungen können hier längst nicht mithalten.
5. Datenschutz und Vertraulichkeit
Die Verwendung von frei zugänglichen maschinellen Übersetzungsplattformen birgt immer auch Risiken in Bezug auf Datenschutz und Vertraulichkeit. Wegen ihrer Datenbanken und Algorithmen operieren maschinelle Übersetzungssysteme oft in der Cloud. Hierbei werden Texte und Informationen mit teilweise sensiblen oder personenbezogenen Informationen hochgeladen und gespeichert, ohne dass die Nutzer:innen die volle Kontrolle über diese Daten haben. Wer ein kostenloses, frei verfügbares System wie DeepL oder ChatGPT verwendet, muss sich darüber im Klaren sein, dass er seine Textinhalte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Unbedarftheit, mit der auf Userseite agiert wird, ist oft erschreckend. Und mehr noch: Immer wieder werden Datenhacks und Fälle bekannt, bei denen sich Sicherheitssysteme doch nicht als so sicher herausstellen. Im Hinblick auf Datensicherheit ist den Versprechen der Anbieter auch bei kostenpflichten Abonnements nur bedingt zu trauen.
Qualifizierte, professionelle Übersetzungsdienstleister bieten im Gegensatz dazu ein hohes Maß an Sicherheit und Datenschutz. Die Zusammenarbeit mit ihnen gewährleistet, dass vertrauliche Informationen nicht auf öffentlichen Servern gespeichert werden oder in die falschen Hände geraten. Menschliche Sprachexpert:innen, wenn sie professionell unterwegs sind, verpflichten sich zur Wahrung der Vertraulichkeit und ethischen Standards in ihrer Arbeit und behandeln sensible Daten sicher.
6. Anpassungsfähigkeit und Tonalität
Eine der Herausforderungen bei der Übersetzungstätigkeit besteht darin, auch die Tonalität eines Textes in die Übersetzung einfließen zu lassen. Sprache ist etwas Lebendiges und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Es entstehen immer wieder neue Wörter, Ausdrücke und Slangbegriffe, die unsere Sprech- und somit auch Denkweise formen. In dieser Hinsicht erweisen sich menschliche Übersetzer:innen als äußerst flexibel. Sie sind in der Lage, sich sprachlichen Veränderungen anzupassen und jeweils die neuesten sprachlichen Entwicklungen und Trends zu berücksichtigen.
Im Gegensatz dazu benötigen maschinelle Übersetzungssysteme Zeit, um aktualisiert und immer wieder an moderne Sprachtrends angepasst zu werden. Sie arbeiten auf Grundlage von bereits vorhandenen Daten und Statistiken, weshalb sie möglicherweise Schwierigkeiten haben, mit der ständigen Veränderung der Sprache Schritt zu halten. Dies kann dazu führen, dass maschinelle Übersetzungen veraltet oder unnatürlich klingen, insbesondere wenn es ganz explizit um zeitgenössische Sprachnuancen geht.
7. Einheitlichkeit und sprachliche Konsistenz
Einheitlichkeit ist einer der Schlüsselbegriffe für gute Übersetzungen: Der konsistenten Verwendung von Begriffen, Terminologie, Stil und Tonalität kommt eine entscheidende Rolle zu, denn erst sie sorgt für Verständlichkeit und Textkohärenz. Mit ihr steht und fällt das professionelle Erscheinungsbild eines Textes. Werden Fachbegriffe, Wordings und Ausdrücke unterschiedlich übersetzt, führt das zu Unklarheiten und Missverständnissen. Wenn aber Botschaften nicht mehr korrekt und präzise vermittelt werden, beschädigt das ganze Unternehmens- oder Markenauftritte.
Hier sind menschliche Übersetzungsprofis nicht zu übertreffen. Dank ihres Kontextwissens erkennen sie die spezifischen fachterminologischen Anforderungen und stellen sicher, dass für feste Begriffe immer einheitlich die richtige, für den individuellen Kunden passende Übersetzung gewählt wird. Weil sie sich natürlich nicht alles merken können, werden sie dabei von verschiedenen CAT-Technologien unterstützt. KI-Systeme dagegen haben Schwierigkeiten, diese Ebene der Einheitlichkeit zu erreichen. Sie operieren auf der Grundlage von Algorithmen und großen Datenmengen, ohne den Kontext angemessen einzubeziehen. Auch fehlt ihnen das individuelle Kundenwissen und die Fähigkeit, unternehmensspezifische Anforderungen nuanciert einzuschätzen. Die Folge: Fachbegriffe, die unterschiedlich übersetzt werden, und inkonsistente, unklare Formulierungen ohne klares Profil – im Idealfall schwer verständlich, im schlimmsten Fall inhaltlich falsch.
Daher gilt: Gerade in Branchen wie Marketing, Recht und Medizin, wo sprachliche Präzision und Konsistenz von entscheidender Bedeutung sind, kann auf menschliche Übersetzer:innen nach wie vor nicht verzichtet werden.
Fazit
Bei ADVERTEXT beschäftigen wir uns bereits seit rund zwei Jahren intensiv mit maschinellen Übersetzungen und KI-Systemen und setzen sie dort ein, wo es Sinn ergibt. Und dennoch: Der Internationale Übersetzertag 2023 erinnert uns daran, dass Humanübersetzer:innen auch im digitalen Zeitalter nach wie vor unverzichtbar sind. Maschinelle Übersetzungen sind nützliche Hilfsmittel, etwa für Texte mit geringem Impact oder um einen fremdsprachigen Text inhaltlich zu verstehen. An die Präzision, das Kontextverständnis und die kreativen Fähigkeiten menschlicher Sprachprofis reichen sie jedoch nicht heran.
In einer globalisierten Welt, in der Kommunikation über Sprachbarrieren hinweg entscheidend ist, bauen Übersetzer:innen die Brücken, die kulturelle Vielfalt und Verständigung fördern. Also vielen, vielen Dank an alle Übersetzer:innen! Wir schätzen und bewundern eure essenziell wichtige Arbeit!
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Wenn du auch mal Hilfe beim Brückenbauen brauchst, nimm einfach Kontakt zu uns auf. Wir beraten dich beim Spagat zwischen Mensch und Maschine und helfen dir bei der Frage, ob sich für deine Fremdsprachenprojekte maschinelle oder menschliche Übersetzungen anbieten.