Vor einer Woche wurde es nun endlich eingeführt: das Deutschlandticket. Der bundesweite Tarifdschungel der einzelnen Verkehrsverbünde kann damit denjenigen, die so ein Ticket besitzen, künftig egal sein. Uns als akribischem Textdienstleister hat sich hingegen mit dem Deutschlandticket nun ein neuer Dschungel aufgetan, und zwar ein begrifflicher: Mit der bundesweiten Einheitlichkeit des Tickets ist es nämlich in Wirklichkeit gar nicht so weit her.
Frage: Wie lautet die offizielle Schreibweise? Deutschlandticket, Deutschland-Ticket oder gar DeutschlandTicket?
Antwort: Es gibt keine. Wer sich auf die Suche nach einer übergreifenden, amtlichen Schreibweise begibt, wird nach ein paar wenigen Stichproben schnell feststellen: Auch nach Einführung des Tickets hat sich keine allgemeingültige Form durchgesetzt. Es kursieren nach wie vor alle möglichen Varianten.
Die Deutsche Bahn verwendet in ihrer Kommunikation – und das erfreulich einheitlich – die Schreibweise „Deutschland-Ticket“. Durch die Bindestrichschreibung verleiht sie dem Ticket, auch kurz „D-Ticket“, Markencharakter. Sowohl die Bundesregierung als Initiator des bundesweiten Tickets als auch die meisten Landesregierungen sprechen dagegen schlicht vom „Deutschlandticket“. Sie behandeln das Ticket also als ein gewöhnliches Kompositum, analog etwa zu Deutschlandfahne oder Deutschlandspiel.
Auch die einschlägigen Presseverlage wie Süddeutsche oder ZEIT haben sich mehrheitlich für die Zusammenschreibung entschieden, allerdings nicht immer (Frankfurter Allgemeine Zeitung: Deutschland-Ticket) und leider schon gar nicht immer konsistent: Beim Handelsblatt oder SPIEGEL findet sich, zumindest in den Onlineausgaben, mal die eine, mal die andere Variante.
Auch bei den einzelnen Verkehrsverbünden kocht jeder sein eigenes Süppchen. Ein kleiner, nur stichprobenhafter Auszug: der VBB, VRS, VRT, GBH, oder der VGN schreiben – mehrheitlich – „Deutschlandticket“, der VRM oder VSN entscheiden sich für „Deutschland-Ticket“ und der VRR sogar für „DeutschlandTicket“. Ein Grund hierfür mag sein, dass die einzelnen Verkehrsbetriebe das neue Ticket begrifflich an das Produktwording ihrer bestehenden Ticketsysteme anpassen (beim VRR etwa steht das DeutschlandTicket neben dem SozialTicket, BärenTicket etc.), doch trifft das nur bedingt zu. So nimmt sich bei der Rheinbahn AG das Deutschlandticket neben EinzelTicket, SchokoTicket oder HappyHourTicket fast wie ein Fremdkörper aus.
Ach ja, und dann kursiert auch noch die Bezeichnung „49-Euro-Ticket“, abgeleitet vom 9-Euro-Ticket. Allerdings weder bei Bund und Ländern noch bei den Verkehrsverbünden – ein Schelm, wer darin bereits einen Hinweis auf mögliche Preiserhöhungen zu entdecken glaubt 😉.
Abhängig davon, wie hoch in den Corporate-Communications-Abteilungen der einzelnen Verkehrsbetriebe feste Schreibstandards verankert sind, ist davon auszugehen, dass derartige begriffliche Inkonstistenzen auch innerhalb der Unternehmen auf anderer Ebene existieren. Es ist schon Ironie, dass ausgerechnet bei einem Produkt wie dem D-Ticket, dessen Kerngedanke die bundesweite Einheitlichkeit ist, keine klare Schreibweisenregelung existiert. Auch darin entlarvt sich die Heterogenität des deutschlandweiten Regionalverkehrs.
Was lehrt uns das alles? Dass es in Wirklichkeit gar kein bundesweit einheitliches Deutschlandticket gibt. Sondern nur viele unterschiedliche Deutschlandtickets, die je nach Unternehmen individuell behandelt und geschrieben werden möchten. Zum Glück gibt es aber Lektorats- und Übersetzungsdienstleister wie uns, die auf Unternehmenssprache spezialisiert sind: die ein Gespür für die Wichtigkeit einheitlicher Kundenwordings haben und die berücksichtigen, dass jede Marke und jedes Produkt – mag es noch so sehr für Einheitlichkeit stehen – ein Anrecht auf seine eigene unternehmensindividuelle Schreibweise hat.
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