Awie Anton“, B wie Berta“, „C wie Cäsar“ – dies ist nun Vergangenheit. Seit Mai 2022 existiert eine neue, zeitgemäße und vor allem gerechtere Buchstabierhilfe für das Diktieren von Texten und Schriftzeichen. Sie ist Teil der DIN 5009 und basiert statt wie bisher auf Personennamen nun auf deutschen Städtenamen. Damit räumt sie mit Misständen aus der NS-Zeit sowie dem Missverhältnis zwischen männlichen und weiblichen Namen auf. Wir haben das zum Anlass genommen, uns die Entstehung und Entwicklung des Telefonalphabets einmal genauer anzusehen.

Was ist ein Telefonalphabet und wofür braucht man es?

Wer seinen Namen oder ein schwieriges Wort buchstabieren möchte, greift dafür oft auf sogenannte Ansagewörter zurück. Sie beginnen mit dem Buchstaben, um den es jeweils geht, wodurch sich die Laute besser unterscheiden lassen. Auch nachfragen ist damit einfacher: „Mit B wie Berlin oder P wie Potsdam?“ Schließlich ist nicht jede Aussprache so makellos, dass B und P oder auch D und T immer klar voneinander zu unterscheiden sind.

Die Entwicklung des Telefonalphabets

Die Anfänge: neue Technik, viele Zahlen

Die Geschichte des Telefonalphabets, das auch als Buchstabiertafel oder Funkalphabet bezeichnet wird, ist eng mit der Geschichte des Telefons verknüpft. In Berlin wurde in den frühen 1880er-Jahren damit begonnen, Fernsprechnetze einzurichten. Die Verbindung zwischen zwei Anschlüssen geschah anfangs physisch: das sogenannte „Fräulein vom Amt“ stellte die Verbindung per Hand her. Um angesichts schlechter Leitungen die Kommunikation per Telefon zu erleichtern, veröffentlichte das Berliner Telefonbuch 1890 eine Buchstabierhilfe, in der das Alphabet durchnummeriert und jedem Buchstaben eine Zahl zugeordnet war. Das Wort „Amt“ entsprach dann zum Beispiel der Zahlenfolge 1, 13, 20. Dieses System erwies sich – wenig überraschend – als nicht sehr alltagstauglich. Man stelle sich nur mal den Wust an Zahlen vor, den das Wort „Übersetzungsagentur“ damals bedeutete. 😊

Die erste Liste mit Ansagewörtern

Einige Jahre später ging man dazu über, jedem Buchstaben ein bestimmtes Kennwort zuzuordnen. Diese Liste las sich wie folgt:

A wie Albert, Ä wie Ärger, B wie Berta, C wie Cäsar, D wie David, E wie Emil, F wie Friedrich, G wie Gustav, H wie Heinrich, I wie Isidor, J wie Jacob, K wie Karl, L wie Ludwig, M wie Marie, N wie Nathan, O wie Otto, Ö wie Ökonom, P wie Paul, Q wie Quelle, R wie Richard, S wie Samuel, T wie Theodor, U wie Ulrich, Ü wie Überfluss, V wie Viktor, W wie Wilhelm, X wie Xanthippe, Y wie Ypsilon, Z wie Zacharias

Eine zweite Liste im Dritten Reich

Während des Nationalsozialismus wurden jüdisch klingende Namen wie David, Nathan, Samuel und Zacharias aussortiert und durch Dora, Nordpol, Siegfried und Zeppelin ersetzt. Nicht einmal das der Nazi-Ideologie unverdächtige Ypsilon konnte sich halten, es wurde durch die westflandrische Stadt Ypern ersetzt.

Macht der Gewohnheit

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen einige der aussortierten Namen ihren Platz wieder ein, zumindest in Deutschland und zumindest auf dem Papier. In Österreich blieb es grundsätzlich bei Siegfried und Zeppelin.

Ab 1950 lautete die postalische Tabelle in Deutschland wie folgt:

A wie Anton, Ä wie Ärger, B wie Berta, C wie Cäsar, Ch wie Charlotte, D wie Dora, E wie Emil, F wie Friedrich, G wie Gustav, H wie Heinrich, I wie Ida, J wie Julius, K wie Kaufmann, L wie Ludwig, M wie Martha, N wie Nordpol, O wie Otto, Ö wie Ökonom, P wie Paula, Q wie Quelle, R wie Richard, S wie Samuel (Siegfried), Sch wie Schule, ß wie Eszett, T wie Theodor, U wie Ulrich, Ü wie Übermut, V wie Viktor, W wie Wilhelm, X wie Xanthippe, Y wie Ypsilon, Z wie Zacharias (Zeppelin)

Ruf nach Erneuerung

2019 regte der baden-württembergische Antisemitismus-Beauftragte Michael Blume an, „Nordpol“ wieder durch „Nathan“ zu ersetzen. Stattdessen wurde jedoch beschlossen, das Telefonalphabet von Grund auf zu erneuern, da das alte nicht zuletzt auch aufgrund der unterrepräsentierten weiblichen Namen insgesamt als nicht mehr zeitgemäß angesehen wurde. Eine Entwurfsfassung war bis 2021 öffentlich einsehbar und konnte kommentiert werden. Auf Basis dieser Kommentare erarbeitete der zuständige DIN-Ausschuss ein neues Telefonalphabet, das im Mai 2022 vorgestellt wurde und sich insbesondere an Nutzer:innen in Wirtschaft und Verwaltung wendet. Es basiert auf Städtenamen, die anders als Vornamen keiner Mode unterliegen und keinen ethnischen oder religiösen Gruppen zugeordnet werden können – und damit zeitlos, neutral und politisch korrekt sind. Und so sieht die neue Liste nach der DIN 5009 nun aus:

A wie Aachen, Ä wie Umlaut Aachen, B wie Berlin, C wie Chemnitz, D wie Düsseldorf, E wie Essen, F wie Frankfurt, G wie Goslar, H wie Hamburg, I wie Ingelheim, J wie Jena, K wie Köln, L wie Leipzig, M wie München, N wie Nürnberg, O wie Offenbach, Ö wie Umlaut Offenbach, P wie Potsdam, Q wie Quickborn, R wie Rostock, S wie Salzwedel, ß wie Eszett, T wie Tübingen, U wie Unna, Ü wie Umlaut Unna, V wie Völklingen, W wie Wuppertal, X wie Xanten, Y wie Ypsilon, Z wie Zwickau

Ist das neue Telefonalphabet bindend?

Nein, die Anwendung der Norm DIN 5009 und der Buchstabiertafel ist freiwillig. Wer auf Anton und Berta nicht verzichten möchte, darf also auch in Zukunft bei den gewohnten Personennamen bleiben. Genauso, wie es jedem kreativen Kopf freigestellt ist, sich selbst eigene markante Wörter auszudenken, um etwas zu buchstabieren. Im Mittelpunkt steht die bestmögliche Verständigung. Wie immer, wenn es um Kommunikation geht, kann es aber nicht schaden, sich zu überlegen, wie eine Botschaft beim Gegenüber ankommt und was man damit auch über sich selbst sagt. Die neue „Buchstabiertafel für Wirtschaft und Verwaltung“ – so die offizielle Bezeichnung – ist mit ihren Städtenamen eine neutrale Alternative, mit der man auf jeden Fall richtig liegt.

Für den internationalen Gebrauch: die ICAO-Tafel

Wer es gern international mag, dem sei das Alphabet der International Civil Aviation Organization (ICAO), das auch von der NATO verwendet wird und daher auch „NATO-Alphabet“ heißt, empfohlen, wobei da natürlich die Umlaute der deutschen Sprache fehlen:

A wie Alpha, B wie Bravo, C wie Charlie, D wie Delta, E wie Echo, F wie Foxtrot, G wie Golf, H wie Hotel, I wie India, J wie Juliett, K wie Kilo, L wie Lima, M wie Mike, N wie November, O wie Oscar, P wie Papa, Q wie Quebec, R wie Romeo, S wie Sierra, T wie Tango, U wie Uniform, V wie Victor, W wie Whiskey, X wie X-Ray, Y wie Yankee, Z wie Zulu


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