In der Unternehmenskommunikation kommt heute im Grunde niemand mehr daran vorbei, sich übers Gendern Gedanken zu machen: tun oder lassen? Sternchen, Doppelpunkt, Binneninitial, umformulieren – im Deutschen gibt es viele Möglichkeiten, Texte inklusiv zu gestalten. Wie man sich dem Thema in anderen Ländern nähert, haben wir einmal anhand von drei exemplarischen Fremdsprachen beleuchtet, nämlich Englisch (als gängigste Unternehmenssprache), Niederländisch (wegen seiner Nähe zum Deutschen) sowie Spanisch (als Vertreter der romanischen Sprachen).

Englisch

Man könnte meinen, die Sprache mit dem Universalartikel „the“ sollte dem Deutschen gegenüber hier klar im Vorteil sein. Zumal auch die Bezeichnungen von Berufen, Positionen oder Personengruppen in der Regel geschlechtsneutral sind (manager, teacher, patient). Viele glauben daher, bei englischen Texten müsse man sich um das Thema Gendern keine Gedanken machen.

Sensibler Punkt: Personalpronomen

Dass es dann aber doch nicht ganz so einfach ist, zeigt ein Blick in die Tiefe. Possessivpronomen zum Beispiel wollen immer klare Verhältnisse. Unproblematisch sind Aussagen wie The teacher is late today. She might be ill. Hier kann das Wissen, ob es ein Lehrer oder eine Lehrerin ist, der/die krank ist, vorausgesetzt werden. Bei allgemeineren Aussagen, bei denen das Geschlecht nicht immer klar ist, ist hingegen Vorsicht geboten. In solchen Fällen sollte geschlechtsneutral formuliert werden:

Diskriminierend:

A good teacher takes his students seriously. / A good teacher takes her students seriously.

Geschlechtsneutral:

A good teacher takes students seriously.
A good teacher takes a student seriously.

Alternativ können auch Pronomen wie you, one oder they verwendet werden. Am weitesten verbreitet ist die Pluralform they. Was die beste Lösung ist, hängt jedoch immer vom Kontext ab. Und genau wie im Deutschen ist es oft sinnvoller, Gedanken umzuformulieren:

Good teachers take their students seriously.
To be a good teacher, you have to take your students seriously. (Informell)
To be a good teacher, one has to take one’s students seriously. (Formell)

Ebenfalls gängig ist, die männliche und die weibliche Form gleichberechtigt nebeneinander zu benutzen:

A good teacher takes his or her students seriously.

Mitunter begegnet man auch der Variante, beide Pronomen abwechselnd zu verwenden:

A good teacher takes his students seriously. She is always respectful.

Nachteil bei dieser Lösung: Sie ist für die Leser:innen verwirrend und missverständlich, darüber hinaus werden nichtbinäre Personen ausgeschlossen.

Pragmatische Lösungen: Berufsbezeichnungen

Recht unkompliziert geht das Englische mit Berufs- und Positionsbezeichnungen um und ersetzt sie durch neutrale Begriffe – so werden chairmen und chairwomen zu chairpersons, stewards und stewardesses zu flight attendants, firemen zu firefighters, policemen zu police officers, und handymen zu handypersons.

Der Teufel steckt aber wie immer im Detail: Eine Sprache, in der man ein gängiger Begriff für Mensch ist (wie in mankind für Menschheit; Alternativen wären human und humankind), hat wie das Deutsche noch einige Debatten vor sich.

Niederländisch

Während das Englische und das Deutsche mittlerweile die grammatische maskuline Form nicht mehr als allgemeingültig oder „neutral“ werten, haben die Niederländer:innen damit kein Problem. Dort wird das generische Maskulinum zwar grammatisch als männlich erkannt, in der Bedeutung (semantisch) aber als geschlechtsneutral interpretiert, sodass Frauen und nichtbinäre Personen mitgemeint sind.

Entspannter Umgang mit dem generischen Maskulinum

Im niederländischen Sprachraum geht man davon aus, dass die männlichen Formen mit der Zeit als zunehmend neutral wahrgenommen werden, wenn im Zuge des gesellschaftlichen Wandels immer mehr Frauen traditionelle Männerberufe bekleiden. Weibliche Interpretationen sollen demnach immer wahrscheinlicher und weniger überraschend werden, zum Beispiel bei Sätzen wie:

De professor kwam binnen. Zij vroeg om stilte. – Der Professor kam herein. Sie bat um Ruhe.

Im Niederländischen werden die beiden Artikel de und het nicht männlich und weiblich, sondern Neutrum und Nicht-Neutrum (bzw. Utrum) genannt. Daher spielt das Geschlecht bei vielen Wörtern zunächst einmal keine Rolle.

Zu viele Suffix-Möglichkeiten

Während es im Deutschen allerdings meist genügt, einer Berufsbezeichnung für die weibliche Form ein „in“ anzuhängen (zum Beispiel bei Übersetzer:in, Gärtner:in), werden im Niederländischen je nach Wortstamm verschiedene Endungen benötigt (zum Beispiel held/heldin, zanger/zangeres, werknemer/werkneemster, advocaat/advocate etc.). Angesichts dieser vielen Optionen verwendet das Niederländische ganz pragmatisch durchgängig die männliche Form.

Spanisch

In unserem dritten Beispiel vertritt Spanisch die Gruppe der romanischen Sprachen, zu denen auch Französisch, Italienisch, Portugiesisch und Rumänisch zählen. Diese Sprachen haben in Bezug aufs Gendern mit einer grammatikalischen Besonderheit zu kämpfen, die in den zuvor genannten Sprachen so nicht existiert.

Für Macho gibt es keine weibliche Form

Ähnlich wie im Niederländischen vertreten viele Spanischsprechende die Ansicht, die generisch männliche Form solle als allgemeingültige, neutrale Form gelten. Auch die Hüterin der Sprache in Spanien, die Königliche Spanische Akademie, kurz RAE (deren Frauenanteil bei 17 % liegt), hält nicht viel vom Gendern, da es die Sprache allzu verwirrend gestalten würde.

Es ist auch wirklich kompliziert …

Ganz unrecht hat sie damit nicht. Im Spanischen werden nämlich wie in den meisten romanischen Sprachen nicht nur Substantive, sondern auch Adjektive als männlich/weiblich und Singular/Plural dekliniert wie in diesem Beispiel:

Alle arbeiten zusammen.
Nur Männer: Todos trabajan juntos.
Nur Frauen: Todas trabajan juntas.
Gemischt: Todos trabajan juntos.

Die weibliche Form wird also nur verwendet, wenn ausschließlich Frauen gemeint sind. Sobald nur ein einziger Mann auftaucht, wird die männliche bzw. die von der RAE als neutral proklamierte Form angewandt.

Sprache schafft Realität

Anders als in den Niederlanden sind aber viele spanische Politiker:innen davon überzeugt, dass Sprache die Realität beeinflussen kann. Sie glauben: Die grammatisch männlichen Berufsbezeichnungen (wie abogado, médico für Anwalt, Arzt) tragen dazu bei, dass diese Berufe öfter von Männern ergriffen werden und den Frauen nur schlechter bezahlte Jobs bleiben.

Auf der Suche nach Alternativen

Das muss nicht hingenommen werden, finden Menschen in Spanien, und treiben die Gleichberechtigung auch auf sprachlicher Ebene voran. Im Internet verbreiten sich derzeit verschiedene alternative neutrale Endungen, etwa diese:

Todxs trabajan juntxs.
Tod@s trabajan junt@s.

Sieht lustig aus, kann man aber nicht aussprechen. Mehr Anklang gefunden hat daher die Variante der Vokalveränderung:

Todes trabajan juntes.

Sie traf auf breite Zustimmung, sodass weitere Ziele ins Auge gefasst wurden: die Aufnahme eines genderneutralen Pronomens ins Wörterbuch der RAE, nämlich elle als eine Mischung des männlichen Pronomens il und des weiblichen Pronomens ella. Heute ist elle tatsächlich in der Datenbank der RAE zu finden, allerdings bisher nur als erklärendes Wort für das spanische Doppel-L. Um als vollwertiges Wort definiert zu werden, müsste es regelmäßiger im spanischen Sprachgebrauch auftauchen.

Fazit:

Wenn Sprachen ihren Begriffen durch den Artikel ein grammatisches Geschlecht zuordnen, verknüpfen die Sprecher:innen diese Begriffe unwillkürlich mit dem biologischen Geschlecht – etwa im Deutschen oder im Spanischen. Je weniger das Gendern in einer Sprache „von Natur aus“ verankert ist, desto einfacher lassen sich Adaptionen vornehmen. Im Deutschen oder im Niederländischen etwa ist das Geschlecht nur am Substantiv erkennbar, Adjektive bleiben unberührt. Nicht so in den romanischen Sprachen.
So hat jede Sprachcommunity ihre eigenen Herausforderungen, Texte so zu gestalten, dass sich alle angesprochen fühlen können – aber auch ihren eigenen Zugang zum Thema, der durchaus mit der Struktur ihrer Sprache zusammenhängt.


Fakt ist: Gesellschaftlicher Wandel vollzieht sich nicht von heute auf morgen, sondern ist ein langer Prozess. Falls Sie Interesse an einer Beratung zum Thema Gendern haben, dann nehmen Sie einfach
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