Streitfälle der Grammatik, Herausforderungen der Orthografie und Merkwürdigkeiten aus der Welt der Sprache(n): Unsere Rätselfragen und -antworten sollen Ihnen darüber hinweghelfen, wenn Ihnen während des Urlaubs in der Berghütte oder am Strand einmal langweilig werden sollte.
Frage 1: Welches Wort passt nicht in diese Reihe?
a) Frisör
b) Schlusslektorat
c) Kuß
d) Schifffahrt
Die richtige Lösung ist c.
Während bei a, b und d die Wörter nach neuer Rechtschreibung geschrieben sind, ist „Kuß“ eine veraltete und nicht mehr korrekte Schreibweise.
Heutzutage würde man vermutlich automatisch „Kuhs“ lesen, da man sich inzwischen daran gewöhnt hat, dass ein „ß“ immer nur hinter einem langen Vokal steht. Daher geben wir unseren Liebsten seit der Rechtschreibreform lieber einen Kuss.
Frage 2: Was bedeutet im DTP-Schriftsatz der Begriff „Hurenkind“?
a) Ein Schimpfwort, mit dem sich Lektor:innen über ein schlecht lesbares Schriftbild beschweren
b) Wenn eine Seite oder Spalte mit der letzten Zeile eines Absatzes beginnt
c) Ein Textabsatz, der übermäßig viele Worttrennungen enthält
d) Ein Fachbegriff für die Leerzeile zwischen zwei Absätzen
Antwort b ist richtig.
Wenn eine Seite oder Spalte mit einer einzelnen („verwaist“ wirkenden) Zeile beginnt, die die letzte Zeile des vorangehenden Absatzes darstellt, wird dies als Hurenkind bezeichnet. Hurenkinder gelten im Schriftsatz als grobe handwerkliche Fehler, da sie sowohl die Ästhetik des Schriftbildes als auch den Lesefluss beeinträchtigen.
Unter dem Gesichtspunkt der Political Correctness wird anstelle von „Hurenkind“ zunehmend der Begriff „Witwe“ verwendet. Dieser geht auf widow zurück, der seit jeher im englischen Schriftsatz üblichen Bezeichnung für Hurenkinder.
Ihr Gegenstück ist der sogenannte Schusterjunge: Hierbei endet eine Seite oder Spalte mit der ersten Zeile eines Absatzes, was ebenso verloren wirkt wie ein Hurenkind. Um Hurenkinder und Schusterjungen auseinanderhalten zu können, merken Sie sich einfach eine der folgenden Eselsbrücken:
„Ein Schusterjunge muss unten im Keller arbeiten, ein Hurenkind steht verloren oben auf der Straße.“ oder
„Ein Hurenkind weiß nicht, wo es herkommt, ein Schusterjunge nicht, wo er hingeht.“
Wenn Ihnen Ihr Lektorat das nächste Mal also „Hurenkind“ in die Korrekturen schreibt, ist das ausdrücklich nicht als Beleidigung gemeint ;-).
Frage 3: Welches dieser Wörter ist falsch?
a) Hobbys
b) Selfys
c) Babys
d) Ponys
Die richtige Antwort ist b.
Anders als bei den drei anderen Wörtern wird der Singular „Selfie“ mit ie geschrieben und nicht mit y. Daher schreibt sich auch der Plural mit ie: Selfies.
Viele glauben irrtümlicherweise, dass im Deutschen auch Wörter wie „Hobby“ und „Baby“ im Plural mit -ies geschrieben werden (Hobbies, Babies). Dies entspricht jedoch der englischen Rechtschreibung. Im Deutschen wird hingegen bei geläufigen Fremdwörtern aus dem Englischen, die im Singular auf y enden, einfach ein s angehängt.
Deswegen freuen wir uns im Englischen zwar über „Selfies with cute babies on little ponies“, im Deutschen hingegen über „Selfies mit süßen Babys auf kleinen Ponys“.
Frage 4: Welches dieser Wörter ist falsch geschrieben?
a) Maß
b) Floß
c) Fleece
d) Vließ
Die Lösung lautet d).
Obwohl sich s-Laute am Ende eines Wortes meist eher wie ein scharfes S anhören, wenn man das Wort spricht, wird „Vlies“ nur mit einfachem S geschrieben.
Frage 5: ¿In welcher Sprache machen Frage- und Ausrufezeichen einen Kopfstand?
a) Spanisch
b) Gälisch
c) Russisch
d) Französisch
Die Antwort lautet: im Spanischen, also a.
Man kann zwar auch in Russland oder Frankreich auf dem Kopf stehen, aber die wahren Satzzeichenakrobaten sind im Spanischen zu Hause. Denn das Spanische verfügt über einen echten typographischen Knaller, den es so in keinen anderen Sprachen gibt: Fragesätze – also Sätze, die mit einem Fragezeichen enden – werden mit einem umgedrehten Fragezeichen eingeleitet. ¿Das sieht doch für unsere Gewohnheiten ziemlich komisch aus, oder?
Und es kommt noch besser: Diese Besonderheit gilt nicht nur für Fragezeichen, sondern auch für Ausrufezeichen in Ausrufesätzen. ¡Das ist echt der reinste Wahnsinn!
Wer weitere Highlights der spanischen Sprache kennenlernen möchte, dem legen wir unseren Schnelleinstieg ins Spanische ans Herz.
Frage 6: Welcher Genitiv ist falsch – und warum?
a) Ferdinand Schmitzens Gedichte
b) Ferdinand Schmitz seine Gedichte
c) Ferdinand Schmitz’ Gedichte
d) die Gedichte des Ferdinand Schmitz
b) „Ferdinand Schmitz seine Gedichte“ ist falsch.
Die üblichste Art, den Genitiv von Namen zu bilden, die auf s, ß, x, z, oder tz enden, ist, einfach einen Apostroph anzuhängen: Schmitz’ Gedichte, Marlies’ neuer Hund, Marx’ Werke.
Möglich ist auch „Schmitzens Gedichte, „Weißens Garten“, „Fritzens Freunde“ usw. Diese Form ist aber veraltet und kaum noch gebräuchlich.
Wenn man keine Apostrophe mag, kann man das Ganze auch umstellen und einen Artikel vor den Namen setzen: „die Gedichte des Ferdinand Schmitz“, „der Satz des Pythagoras“ usw. Die Endung des Namens bleibt dann, wie sie ist: ohne Apostroph, -ens oder -s. Diese Form klingt allerdings sehr gehoben und passt nicht immer.
Im Zweifel könnte man dann auch den Genitiv Genitiv sein lassen und auf „von“ ausweichen: „der neue Hund von Marlies“, „die Walzer von Strauß“ usw.
Frage 7: Wobei handelt es sich nicht um ein in Japan gebräuchliches Schriftsystem?
a) Kanji
b) Hiragana
c) Harakiri
d) Katakana
Die richtige Antwort ist c) Harakiri.
Unter Kanji (漢字) versteht man die bedeutungstragenden japanischen Schriftzeichen chinesischen Ursprungs, die zusammen mit den Silbenschriften Hiragana und Katakana das japanische Schriftsystem bilden und in der Regel für Nomen und Wortstämme von Verben und Adjektiven verwendet werden.
Bei Hiragana (ひらがな) handelt es sich um eine Silbenschrift, mit der man theoretisch jedes japanische Wort schreiben kann. In japanischen Sätzen haben die Silben allerdings hauptsächlich die Funktion, die Grammatik zu verdeutlichen.
Die Silbenschrift Katakana (カタカナ) verwendet man vor allem, um Lehnwörter und ausländische Namen zu transkribieren.
Harakiri (bzw. Seppuku, wie es im Japanischen richtig heißt) ist hingegen die vor allem im Westen gebräuchliche Bezeichnung für das, was allen Japanisch-Lernendenden, die an Kanji, Hiragana und Katakana verzweifeln, als letzter Ausweg bleibt: ritueller Selbstmord.
Frage 8: Was ist kein Beruf?
a) Portier
b) Juwelier
c) Bankier
d) Bandelier
Die richtige Antwort ist d).
Ein Bandelier ist ein Tragegurt oder ein Schulterriemen, z.B. ein schräg über der Schulter getragener Patronengurt.
Obwohl alle vier Wörter mit „ier“ enden, werden sie unterschiedlich ausgesprochen: „Juwelier“ und „Bandelier“ mit einem normalen langen ie, „Portier“ und „Bankier“ dagegen mit französischer Aussprache.
Frage 9: Welches dieser Wörter ist kein sogenanntes Teekesselchen?
a) Hering
b) Spagat
c) Zwirn
d) Heft
Antwort c: „Zwirn“ hat keine zwei verschiedenen Bedeutungen.
Zunächst einmal zur Frage, was ist ein Teekesselchen? Darunter versteht man Wörter, die zwei völlig verschiedene Bedeutungen haben.
Hering kann ein Fisch oder ein Zelthering sein. Spagat kommt einerseits aus dem Turnen oder der Gymnastik („einen Spagat machen“) und ist andererseits ein anderes Wort für Schnur oder Bindfaden. Und Heft kann ein Schreibheft oder Ähnliches bezeichnen, aber auch den Griff einer Stichwaffe. Aus dieser Bedeutung leiten sich zum Beispiel die Redewendungen „das Heft in die Hand nehmen“ bzw. „sich das Heft aus der Hand nehmen lassen“ ab, was „die Leitung von etwas übernehmen“, „die Macht übernehmen“ bedeutet – bzw. sie sich wegnehmen lassen.
Frage 10: Welcher Satz ist falsch – und warum?
a) Das weißt auf Probleme hin.
b) Die Wand ist frisch geweißt.
c) Weißt du das noch gar nicht?
Satz a ist falsch.
Das Verb, um das es in diesem Satz geht, ist „hinweisen“. Daher muss „weist auf … hin“ ebenfalls mit einfachem s geschrieben werden.
Die Antwort b leitet sich hingegen vom Verb „weißen“ ab, das wiederum auf die Farbe Weiß zurückgeht.
Bei Antwort c ist das Grundverb „wissen“, dessen konjugierte Formen sich im Singular mit ß schreiben (ich weiß, du weißt, er/sie/es weiß).