Am 12. Oktober 1492 landete Christoph Kolumbus auf der Bahamas-Insel San Salvador – was unter anderem dazu führte, dass Spanisch heute mit etwa 500 Millionen muttersprachlichen „Usern“ die zweitgrößte Sprache der Welt ist. 2010 erklärte die UNO diesen Tag zum Tag der spanischen Sprache (Día de la Lengua Española), der mancherorts auch als „Columbus Day“ bezeichnet wird. Kolumbus selbst war zwar Italiener, stand aber im Dienst der spanischen Krone. So breitete sich die spanische Sprache über weite Teile des amerikanischen Kontinents aus und von dort bis in einige afrikanische und asiatische Länder. Mit Spanischkenntnissen lässt sich also nicht nur im Urlaub der Drink an der Beachbar besonders lässig bestellen (¡Un mojito grande, por favor!) – auch für international aufgestellte Unternehmen ist die spanische Sprache von hoher Bedeutung.  

1. Römische Wurzeln

Durch die römische Eroberung der Iberischen Halbinsel im dritten Jahrhundert v. Chr. wurde die lateinische Sprache zur Amtssprache und verbreitete sich dort rasant. Wer etwas auf sich hielt, verfasste seine Texte auf Latein. Anzunehmen ist jedoch, dass nur ein kleiner privilegierter Teil das „schriftliche“ Latein beherrschte. Die Mehrheit benutzte ein mündliches Latein, das sich von der Schriftsprache deutlich unterschied. Aus diesem sogenannten Vulgärlatein, dem Latein des Volks, entwickelten sich die romanischen Sprachen, also auch das Spanische.

2. Der und die und basta

Von der lateinischen Sprache hat das Spanische zwei grammatische Geschlechter übernommen: Feminine Begriffe enden auf -a, maskuline auf -o – allerdings gibt es eine Reihe von Ausnahmen mit alternativen Endungen. Artikel und Adjektive werden an das Geschlecht ihres Nomens angepasst, für die Pluralbildung wird einfach ein -s angehängt – und zwar an Nomen, Artikel und Adjektiv. Ein drittes, sachliches Geschlecht, wie wir es im Deutschen kennen, gibt es im Spanischen nicht. Besonders benutzerfreundlich: Das Spanische kommt ohne Deklination aus. Substantive bleiben immer in ihrer Grundform – Präpositionen und die Wortstellung zeigen ihre Funktion innerhalb eines Satzes an.

3. Einfache Aussprache und Betonung

Spanisch ist eine phonetische Sprache. Während man im Englischen nicht vom Schriftbild auf die Aussprache eines Wortes schließen kann, werden im Spanischen alle Buchstaben verlässlich auf die gleiche Weise artikuliert, denn: Jeder Buchstabe repräsentiert einen bestimmten Klang. Umgekehrt kann man so auch von der Aussprache mühelos die Schreibweise eines Wortes ableiten. Praktisch, oder? Die Betonung spanischer Wörter ist ebenfalls konsequent: Alle Wörter, die auf einen Vokal und auf die Buchstaben -n oder -s enden, werden auf der zweitletzten Silbe betont (biblioteca). Endet ein Wort auf einen anderen Konsonanten (also nicht -n oder -s), fällt die Betonung auf die letzte Silbe (hotel). Sollte die Betonung gänzlich von diesen Regeln abweichen, steht über dem Vokal der Silbe, die betont werden soll, ein Akzent (ca).

4. Royale Standards

Die Königliche Spanische Akademie, die Real Academia Española (RAE), ist die offizielle Institution zum Schutz und zur Pflege der spanischen Sprache. Getreu ihrem Motto Limpia, fija y da esplendor („Reinigt, legt fest und verleiht Glanz“) ist es ihre Aufgabe, abzubilden und festzulegen, was guter Sprachgebrauch ist. Ihre Vorgaben sind für das Schulwesen und die Behörden Spaniens und der spanischsprachigen Staaten Amerikas verbindlich. Die Akademie wurde 1713 in Madrid mit dem Ziel gegründet, ein erstes Wörterbuch der spanischen Sprache zu verfassen. Heute unterhält sie zahlreiche Sprachakademien in allen 21 Ländern, in denen Spanisch Amtssprache ist. Ihre Aufgabe besteht nicht nur in der Veröffentlichung von Wörterbüchern, Grammatiken und anderen orthografischen Werken, sondern auch in der Herausgabe sprachgeschichtlich wichtiger spanischer Werke wie z. B. Cervantes’ Don Quijote.

5. ¿ und ¡: Satzzeichen im Kopfstand

¿ und ¡ bringen das Schriftbild von spanischen Texten zum Tanzen, entspringen aber einem gewissen Sicherheitsbedürfnis: Die umgekehrten Satzzeichen werden vor Fragen bzw. Ausrufe gesetzt, damit bereits am Satzanfang klar ist, wie betont werden muss. Bei längeren Ausrufesätzen oder bei Fragesätzen, bei denen sich die Wortstellung nicht von einem Aussagesatz unterscheidet, könnte man sonst leicht die Orientierung verlieren. Damit schon zu Beginn die richtige Satzmelodie angesteuert werden kann, hat die Real Academia die umgekehrten Satzzeichen 1754 in der zweiten Auflage über die spanische Orthografie eingeführt.

6. Zu Hause nur eine von vier

Auch wenn das Spanische überall auf der Welt gesprochen wird, ist es auf der Iberischen Halbinsel nur eine (wenn auch die wichtigste) von vier Amtssprachen: Neben Spanisch sind in den entsprechenden Autonomien auch Katalanisch (Katalonien, Balearen), Galicisch (Galizien) und Baskisch (Baskenland, z. T. Navarra) ebenfalls offiziell anerkannte Sprachen. Während el catalán und el gallego wie das Spanische romanischer Herkunft sind, ranken sich um die Wurzeln des Baskischen bis heute verschiedenste Mythen. Zur Differenzierung gegenüber den anderen spanischen Sprachen und dem Spanisch Lateinamerikas wird anstelle von „Spanisch“ oft der Begriff „Kastilisch“ (el castellano) verwendet, das seinen Ursprung in der zentralspanischen Region Kastilien hat.

7. Subjektpronomen

Persönliche Fürwörter wie im Deutschen gibt es zwar auch im Spanischen, sie werden aber viel seltener verwendet, weil Informationen bereits im konjugierten Verb enthalten sind. Spanisch ist eine sogenannte Pro-Drop-Sprache, bei der die Subjektpronomen weggelassen werden können. Trotzdem ganz kurz ein kleiner Überblick:

ichyo
du
er/sie/es/Sieél/ella/ello/usted
wirnosotros/-as
ihrvosotros/-as
sie/Sieellos/ellas/ustedes

Die Mehrzahlformen haben eine männliche und eine weibliche Form. Letztere mit der Endung auf -as wird nur angewendet, wenn sich das Fürwort auf eine reine Frauengruppe bezieht. Sobald auch nur ein Mann dabei ist, muss das männliche Pronomen benutzt werden.

8. Arabische Spuren(suche)

Im Jahre 711 nach Christus begann das Zeitalter des al-Andalus, als maurische Armeen in Gibraltar landeten und in den nächsten sieben Jahren einen Großteil der Iberischen Halbinsel eroberten. Als das maurische Reich 1492 mit dem Sieg der Spanier über Granada fiel, hatte sich die arabische Sprache und Kultur bereits tief verwurzelt. Laut der königlichen Akademie werden im heutigen Spanisch in den verschiedensten Bereichen noch rund 1.300 sogenannte Arabismen verwendet. Die Vielzahl und Vielfalt der arabischen Lehnwörter in den unterschiedlichsten Lebensbereichen zeigt auf, wie eng Muslime und Christen auf der Iberischen Halbinsel in jener Zeit zusammenlebten. Einige Beispiele für Arabismen sind:

  • alcalde (Bürgermeister)
  • almendra (Mandel)
  • almohada (Kissen)
  • azúcar (Zucker)
  • Guadalquivir (Guadalquivir; wörtlich: großer Fluss)
  • ojalá (hoffentlich; hispanisierte Form von Inschallah, was „So Gott will“ bedeutet)
  • tarea (Aufgabe)

Wie an den Beispielen bereits zu erkennen ist, beginnen die meisten Arabismen mit a oder al. Der Grund hierfür ist, dass das Spanische im Gegensatz zu anderen Sprachen bei der Entlehnung arabischer Wörter den arabischen Artikel al mit übernommen hat.

9. Europäisches vs. lateinamerikanisches Spanisch

Die spanische Sprache hat sich auf verschiedenen Kontinenten unter unterschiedlichsten Bedingungen entwickelt: Es ist daher nicht erstaunlich, dass es in den mehr als 500 Jahren einige Diskrepanzen zwischen dem Spanisch der Neuen und dem der Alten Welt gibt. Nicht alle Unterschiede haben ihre Wiege in Übersee – einige Merkmale des lateinamerikanischen Spanisch gehen auf den südspanischen Dialekt Andalusiens zurück. Am Ende des 15. bzw. Anfang des 16. Jahrhunderts setzten viele Andalusier in die neuen Kolonien über, um dort ihr Glück zu suchen. Dazu weist die amerikanische Spanisch-Variante viele Wörter aus den einheimischen amerikanischen Sprachen auf (Indigenismen), bei der Aussprache bestimmter Laute gibt es Unterschiede und das Pronomen der zweiten Person in der Mehrzahl vosotros (ihr) wurde komplett von dem Höflichkeitspronomen ustedes (Sie) verdrängt. Zudem haben im amerikanischen Spanisch manche Wörter ihre Bedeutung aus dem Spanien des 16. Jahrhunderts beibehalten, während sich im modernen europäischen Spanisch der Wortsinn im Laufe der Zeit gewandelt hat. Das lateinamerikanische Spanisch ist außerdem keineswegs homogen: Je nach Land und Region gibt es weitere Unterschiede zum Kastilischen und auch untereinander.

10. Amerikanisch-indigene Einflüsse

Aguacate, huracán und tiburón (Avocado, Hurrikan, Hai) sind nur drei Beispiele für uramerikanische Wörter, die in den spanischen Wortschatz aufgenommen wurden. Nach der Kolonisation durch Spanien ab dem 16. Jahrhundert standen die Sprachen Zentral- und Südamerikas wie Quechua, Nahuatl oder Guaraní mit der Sprache der Kolonialmacht in engem Kontakt. Um die exotische Pflanzen- und Tierwelt, fremde Landschaften sowie neue Speisen zu beschreiben, kam das Spanische nicht umhin, sich einige Wörter anzueignen. Ein paar der indigenen Ausdrücke haben es auch in andere Sprachen geschafft: Schokolade, Mais und Quinoa möchte man schließlich hierzulande auch nicht mehr missen.

Die spanische Sprache ist nur eine von vielen unserer Leidenschaften, die wir mit jedem neuen Tag bei ADVERTEXT im Auftrag unserer Kunden ausleben dürfen. Wenn wir auch Sie in Sachen Lektorat oder Übersetzung unterstützen können, nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf.