Was haben denn da all diese Leerzeichen bloß zu suchen? – Wer mit französischen Texten nur selten in Berührung kommt, wird sich diese Frage bestimmt schon einmal gestellt haben und sich wundern, warum vor manchen, aber längst nicht vor allen Satzzeichen ein Leerzeichen steht. Was für unbedarfte Augen wie ein Fehler aussieht, hat aber seine Richtigkeit und entspricht den Regeln französischer Typografie. Bevor Sie also anfangen, aus französischen Übersetzungen fröhlich die Abstände herauszulöschen, lesen Sie vorher schnell diesen Beitrag.
Französische Texte lieben Platz
Zum Einstieg ein kleines Quiz: Würden Sie in den folgenden Sätzen im Deutschen zwischen Wort und Satzzeichen ein Leerzeichen setzen?
1. Sprechen Sie Französisch?
2. Der Code of Conduct basiert auf den Regelungen, Leitlinien und Visionen eines Unternehmens.
3. „Unser Tipp: Lassen Sie Ihre Texte im Zweifel von einem Muttersprachler prüfen!“
Die Antwort lautet: Nein. Denn in der deutschen Sprache werden die Satzzeichen in der Regel immer kompress an das Wort gesetzt (Ausnahmen wie Gedankenstriche bestätigen diese Regel nur). Sehen Sie sich nun im Vergleich dazu dieselben Sätze auf Französisch an:
1. Parlez-vous français ?
2. Le code de conduite d’une entreprise s’appuie sur ses réglementations, ses directives et sa vision des choses.
3. « Notre conseil : en cas de doute, faites vérifier vos textes par un locuteur natif ! »
Was fällt auf? Manche Satzzeichen werden mit einem Leerzeichen vom davorstehenden Wort abgegrenzt (Beispiele 1 und 3), andere dagegen folgen dem Wort kompress, das heißt ohne Abstand (Beispiel 2). In dieser Hinsicht unterscheidet sich die französische Typografie und Interpunktion nicht nur von der deutschen, sondern von den meisten anderen Sprachen. Zudem sorgt diese Eigenart dafür, dass die französische Sprache, die ohnehin schon deutlich länger läuft als viele andere Fremdsprachen, noch zusätzlichen Platz benötigt.
Vor welchen Satzzeichen steht ein Abstand?
Aber wie wissen Sie nun, wann ein Leerzeichen gesetzt wird und wann nicht? Ganz einfach, Sie brauchen sich nur die folgende Regel zu merken: Bei Satzzeichen, die zwei Bestandteile haben, steht ein Leerzeichen. Für die Praxis bedeutet das konkret:
- Vor Doppelpunkt, Fragezeichen, Ausrufezeichen sowie Semikolon steht ein Leerzeichen.
- Die französischen spitzen Anführungszeichen, fachsprachlich als Guillemets bezeichnet, werden mit einem Leerzeichen vor und hinter dem angeführten Text gesetzt, also « Text ».
- Punkt, Komma sowie öffnende und schließende Klammern folgen ohne Zwischenraum direkt hinter dem Wort, also wie bei uns.
Wenn hier übrigens immer von „Leerzeichen“ die Rede ist, so ist das im typografischen Sinne nicht ganz präzise. Grafiker und Typografen unterscheiden Leerräume zusätzlich nach ihrer Weite und sprechen u. a. von Halb-, Drittel- und Viertelgeviertabständen. Die tatsächliche Weite eines Leerzeichen hängt nicht zuletzt auch vom verwendeten Schriftfont ab. Dies aber nur am Rande.
Ausnahmefall Schweiz
Keine Regel ohne Ausnahme: Alles oben Gesagte gilt nicht für französischen Texte, die für das Mehrsprachenland Schweiz publiziert werden. Die Zeichensetzung im Schweizer Französisch verzichtet üblicherweise auf französische Leerzeichen. Sobald Sie also Texte für den Zielmarkt Schweiz verarbeiten, machen Sie es daher am besten so, wie Sie es aus dem Deutschen gewohnt sind.
Die richtige Spracheinstellung verhindert Umbruchfehler
Aus den zusätzlichen Leerzeichen ergibt sich im Französischen ein typografisches/schriftsetzerisches Problem, das Sie im Hinterkopf behalten sollten: Achten Sie unbedingt darauf, dass zwischen dem Wort, dem nachfolgenden Leerzeichen und dem abschließenden Satzzeichen kein Zeilenumbruch entsteht. Denn ein alleinstehendes Satzzeichen am Zeilenanfang ist ein absolutes No-Go.
Wie Sie das verhindern? Indem Sie bei der Verarbeitung oder Erstellung französischsprachiger Texte in Ihrer Office- oder DTP-Anwendung, z. B. Word oder InDesign, als Sprache immer „Französisch“ einstellen. Auf diese Weise wird statt eines einfachen, trennbaren Leerzeichens automatisch ein geschütztes Leerzeichen in den Text eingefügt – ein Leerzeichen also, das trotz des Abstandes fest mit dem vorhergehenden Wort verbunden ist. Das Gute dabei: Sie vermeiden auf diese Weise nicht nur Umbruchfehler, sondern sparen sich auch den Aufwand, bei jedem Satzzeichen auf die Leertaste tippen zu müssen.
Schreibweisen sind Gewohnheitssache
Die französische Typografie ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Gewohnheiten unsere Wahrnehmung prägen und wie wir schnell etwas als befremdlich oder gar hässlich bewerten, was für andere ganz normal ist. Je stärker wir uns einer Sprache oberflächlich vertraut fühlen, desto mehr beurteilen wir sie nach den eigenen Maßstäben. So neigen deutsche Augen dazu, die französische Zeichensetzung schnell als unübersichtlich wahrzunehmen, die den optischen Zusammenhang innerhalb der Sätze zerstört – während chinesische oder arabische Typografie so gut wie gar nicht infrage gestellt wird.
Dasselbe Phänomen kennen wir übrigens auch aus unserer eigenen Sprache: Als vor 20 Jahren nach der Rechtschreibreform plötzlich viele neue Schreibweisen im Deutschen eingeführt wurden, war das Entsetzen über die damals neue Rechtschreibung, wie etwa von „Geografie“, „Russland“ oder „Kuss“, mancherorts groß. Heute dagegen würden uns die alten Schreibweisen „Geographie“, „Rußland“ oder „Kuß“ wohl deutlich mehr befremden.
Fremdsprachen unterscheiden sich nicht nur in Hinblick auf Vokabular und Grammatik voneinander. Auch Aspekte wie korrekte Typografie, Interpunktionszeichen oder DTP-satztechnische Konventionen entscheiden darüber, ob eine Übersetzung wirklich überzeugend ist. Wir unterstützen Sie in allen Fragen zum Thema Fremdsprachensatz, kontrollieren Ihre fremdsprachigen Texte auf ihre Richtigkeit und sorgen für punktgenaue Übersetzungen. Nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf.