C’est magnifique ! Der 20. März ist der Tag der französischen Sprache – denn seit 2010 widmet die UNO jeder ihrer Amtssprachen einen eigenen „Sprachtag“. Aber wie ist eine der wohl schönsten Sprachen der Welt eigentlich so schön geworden? Und wie sorgt man in Frankreich dafür, dass sie das auch bleibt?

Vom Dialekt zur Hochsprache:
wie Französisch zu dem wurde, was es ist

Das moderne Französisch, das heute zu den sechs meistgesprochenen Sprachen der Welt gehört, ist eine romanische Sprache und wurzelt in drei verschiedenen Sprachen: Latein, Keltisch und einer Mischung diverser germanischer Sprachen. Deren Spuren lassen sich auch im heutigen Französisch unschwer erkennen.

Im Zuge der römischen Expansion wurde auch auf dem Gebiet des heutigen Frankreichs als amtliche Sprache Latein etabliert. Infolge dieser Latinisierung sprach die breite Bevölkerung das sogenannte Vulgärlatein, eine umgangssprachliche Version des klassischen Lateins. Gerade im gallischen Norden blieben keltische Einflüsse aber weiterhin sehr ausgeprägt und vor allem ab dem 5. Jahrhundert verstärkte sich der fränkisch-germanische Einfluss im Zuge von Siedlungsbewegungen aus Franken. Diese Entwicklungen fanden Niederschlag in den regionalen Dialekten auf dem Gebiet Frankreichs, das gesprochene Vulgärlatein wandelte sich zum Galloromanischen.

Im engeren Sinne geht Französisch auf einen galloromanischen Dialekt zurück, der in der Region um Paris verbreitet war. Von Paris aus, das früh das politische und gesellschaftliche Zentrum war, breitete sich der Dialekt allmählich in Frankreich aus, ab 1066 sogar bis nach England, wo es auch zur Sprache des englischen Adels wurde. Die Dominanz des Lateinischen als Amtssprache im öffentlichen Leben Frankreichs hielt sich aber noch über viele Jahrhunderte. Erst 1539 sorgte König François I. dafür, dass es endgültig von Französisch abgelöst wurde: Französisch war nun nicht mehr nur Verkehrs-, sondern auch Amtssprache.

Umstritten, aber dafür unsterblich:
die Sprachhüter:innen der Académie française

Weitere Einflüsse auf die französische Sprache durch andere Sprachen, insbesondere des Italienischen, bleiben auch in der Folgenzeit naturgemäß nicht aus. Ab 1635 wurde systematisch Sprachpolitik betrieben, um das „echte“ Französisch schriftlich zu fixieren: Unter Louis XIII. gründete Kardinal Richelieu die Académie française, eine staatliche Institution, deren Ziel es ist, die französische Sprache zu pflegen, zu vereinheitlichen und davor zu bewahren, von anderen Sprachen verdrängt zu werden. Noch heute stellt sie die oberste Sprachinstanz Frankreichs dar.

Die Académie française besteht bis heute aus 40 Mitgliedern, die auf Lebenszeit gewählt werden und für die die formale Zustimmung des Staatsoberhauptes erforderlich ist. Die Mitglieder werden als „Unsterbliche“ (immortels) bezeichnet und kommen bis heute aus verschiedenen Bereichen, etwa Geisteswissenschaften, Kirche oder Politik. Nicht nur die Auswahl ihrer Mitglieder ist traditionell umstritten, auch die Arbeit und Bedeutung der Académie française führt immer wieder zu Auseinandersetzungen.

1694 veröffentlichte die Académie française das Wörterbuch „Dictionnaire de l’Académie“, in dem einheitliche Schreibweisen festgelegt wurden und das das klassische Französisch auch in die Teile des Landes verbreiten sollte, in denen Dialekt gesprochen wurde. Mittlerweile, nämlich seit 1992, wird an der 9. Auflage gearbeitet.

Im Laufe der letzten 300 Jahre kamen viele neue Wörter als Folge technischer Entwicklungen und gesellschaftlicher Umbrüche auf, etwa durch die industrielle Revolution, der Entwicklung moderner Medien oder der Digitalisierung. Seit den 1970ern gab es angesichts der inzwischen allgegenwärtigen Anglizismen verstärkte Bestrebungen, in die Sprachentwicklung einzugreifen.

Die unverwässerte Sprache:
Maßnahmen zur Wahrung der Sprachreinheit

Für die Sprachhüter:innen der Académie française ist es seit jeher eines der wichtigsten Ziele, der Verwässerung der französischen Sprache durch importierte Fremdwörter entgegenzuwirken und die Sprache „rein“ zu halten. Folgende Regelungen wurden dafür in den letzten Jahrzehnten eingeführt.

  • Seit 1972 werden Kommissionen eingesetzt, die die Aufgabe haben, französische Begriffe für fremdsprachliche Ausdrücke festzulegen. Diese Ausdrücke sind für die öffentliche Verwaltung bindend, zum Beispiel logiciel statt Software.
  • Seit 1975 ist gesetzlich geregelt, dass das Französische in verschiedenen Bereichen, etwa in den Medien, im Handel oder in der Arbeitswelt verpflichtend wird. 1994 wurde dieses Gesetz noch erweitert, um die Sicherheit und Gesundheit von Verbraucher:innen und Angestellten zu gewährleisten. Erscheinen beispielsweise auf einem Werbeplakat fremdsprachliche Wörter, muss das Französische genauso gut lesbar sein wie die fremdsprachlichen Begriffe.
  • Seit 1992 ist Französisch sogar als Nationalsprache in der Verfassung verankert. Damit genießt die französische Sprache einen staatlichen Schutz. Menschen in Frankreich haben dadurch einen rechtlichen Anspruch darauf, dass Texte auf Französisch verfasst sind, Kommunikation auf Französisch erfolgt usw. Anders als in Deutschland, in der Deutsch kein durch das Grundgesetz gesichertes Recht ist.
  • Seit 1994 gibt es eine gesetzliche Radioquote für Musik, d. h. Radiostationen in Frankreich sind dazu verpflichtet, mindestens 60 % der Sendezeit mit europäischer, und 40 % mit französischer Musik zu füllen. Bestimmte Uhrzeiten und Minderheitensender sind davon jedoch ausgenommen. Bei einem Verstoß gegen die Regelung drohen den Sendern Bußgelder, Sendepausen oder ein Verlust der Sendelizenz.
  • 1996 wird eine Kommission mit der Aufgabe betraut, die Bereicherung und die Nutzung der französischen Sprache zu fördern. Die Kommission untersteht dem Premierministerium, und ist zusammen mit der Académie française für die Anerkennung neuer Begriffe zuständig und sorgt für die entsprechenden Veröffentlichungen im Gesetzblatt.

Dass es mit zunehmender Globalisierung und fortschreitender Digitalisierung allerdings immer schwerer wird, sich gegen Anglizismen zu behaupten, ist auch im heutigen Frankreich nicht zu übersehen. Dort, wo bis vor kurzem noch von „Courriel“ die Rede war, ist mittlerweile durchaus auch „E-Mail“ gebräuchlich.

Alles verändert sich, sogar das Französische

Es wird interessant sein zu beobachten, wie sehr die Maßnahmen, das vermeintlich reine Französisch „rein“ zu halten, auf Dauer erfolgreich bleiben. Dem stehen immer mehr eine globalisierte Welt und die zunehmende Fremdsprachenkompetenz jüngerer Generationen entgegen. Die Entwicklung geht zunehmend mit den Millennials, die sich aufgrund einer hohen Englischkompetenz weniger gegen Anglizismen wehren, und zudem eine Vereinfachung der französischen Sprache und eine neue Rechtschreibung fordern. Auch auf dem Gebiet der Geschlechterneutralität tut sich etwas: Gefordert wird immer häufiger, Berufsbezeichnungen zu feminisieren. Angesichts des engen Verhältnisses, das Franzosen und Französinnen zu ihrer Sprache haben, kann man sich leicht vorstellen, dass die Kämpfe, die zwischen den einzelnen Lagern in Bezug auf Genderschreibweisen ausgetragen werden, noch leidenschaftlicher ausgefochten werden als in Deutschland.

Was bei französischen Jugendlichen gerade auch besonders en vogue ist, ist eine Spielsprache, das sogenannte „Verlan“. Dabei werden die Silben eines Wortes vertauscht (ursprünglich von Kriminellen erfunden, um die Polizei zu verwirren). Zum Beispiel sagen sie dann „tromé“ statt „métro“. Auch die Bezeichnung „Verlan“ selbst kommt eigentlich von „à l’envers“, was „verkehrt herum“ bedeutet. Aber ob das die französische Sprache einfacher oder vielmehr komplizierter macht – nous ne le savons pas 😊.

Die Folge des Kolonialismus: Platz 6 im Sprachenranking

Als Tag für die Frankophonie wurde der 20. März ausgewählt, da an diesem Tag im Jahr 1970 die Organisation internationale de la Francophonie in Niamey im Niger gegründet wurde. Diese wiederum vertritt heute Länder und Regionen, in denen Französisch gesprochen wird, und zwar nicht nur als Muttersprache, sondern auch als offizielle Sprache oder Lehrsprache. Somit hat die Organisation insgesamt 88 Mitgliedsstaaten, denn Französisch gehört zu den sechs meistgesprochenen Sprachen der Welt (nach Englisch, Mandarin, Hindi, Spanisch und Arabisch, wobei die Reihenfolge variiert).

Dass Französisch es bis zur Weltsprache gebracht hat und warum die Organisation internationale de la Francophonie ausgerechnet im Niger gegründet wurde, hat natürlich mit einem dunklen Kapitel der europäischen Geschichte zu tun – dem Kolonialismus. Frankreich war die zweitgrößte Kolonialmacht der Welt, erst nach 1945 begann das Herrschaftsgebiet zu zerfallen. Allein 1960 erklärten 14 französische Kolonien ihre Unabhängigkeit. Wegen der engen Bindung an Frankreich konnten sich dort lange keine eigenen Strukturen entwickeln, viele afrikanische Republiken können aber heute juristische und medizinische Fachkräfte ausbilden und sind nicht mehr auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen. Die französische Sprache ist allerdings geblieben, sowohl als Amtssprache als auch in Schulen, wo sie in der Regel neben einer afrikanischen Sprache gesprochen wird.

Bien, c’est tout. Übrigens ist Französisch bis heute die Sprache der Liebe. Sollten Sie einmal Bedarf an mit Liebe angefertigten französischen Übersetzungen haben, dann  nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf.