2021 läuft alles etwas anders – auch die Wahl zum Anglizismus des Jahres. Seit 2010 wählt eine Jury aus sechs Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern Ende Januar aus einer Liste von Vorschlägen ihren Favoriten. Dank Homeoffice dauerte es dieses Jahr ein klein wenig länger, sodass der Gewinner erst Anfang Februar bekannt gegeben wurde. Die große Überraschung blieb aus – die Wahl fiel auf den Publikumsliebling Lockdown.

So verändert das Coronavirus unsere Sprache

Seit März letzten Jahres wird der Begriff Lockdown mehr und mehr im deutschen Sprachraum verwendet: Mit dem Auftreten des Coronavirus in Deutschland benötigt die deutsche Sprache einen einfachen Begriff, der die bisher komplexeren Umschreibungen wie „Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus“ ablösen kann. Das Wort Lockdown umschreibt eine Situation mit mehr oder weniger einschränkenden Regelungen des öffentlichen und privaten Lebens. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Begriff spätestens seit Ende Oktober 2020 ein fester Bestandteil des allgemeinen Wortschatzes ist.

Dass ein Anglizismus so rasant ins Deutsche aufgenommen wird, ist bemerkenswert. Unmittelbar nach dem ersten Auftreten wird Lockdown vom Deutschen zu zusammengesetzten Wörtern, wie Lockdown-Verlängerung oder Teillockdown, und Adjektiven, wie lockdownbedingt, weiterentwickelt. Diese steile Karriere wollte die Jury des Anglizismus 2020 mit ihrer Wahl würdigen.

Gleich mehrere Begriffe auf Platz 2

Die Wahl stand dieses Jahr ganz im Zeichen von Corona. Dies belegt auch der zweite Platz, auf dem sich die fünf folgenden Begriffe wiederfinden:

  • Social Distancing
  • Superspreader
  • Homeoffice
  • Homeschooling
  • Shutdown

Nach nur kurzer Zeit sind auch diese Anglizismen aus der deutschen Sprache nicht mehr wegzudenken und ein selbstverständlicher Teil der öffentlichen Diskussion geworden. Mit ihrer Wahl will die Jury des Anglizismus 2020 darstellen, wie unmittelbar sich die Pandemie auf die Sprache auswirkt. Daher setzte sich die Auswahlliste dieses Jahr aus Beobachtungen des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim (LDS) und des Zentrums für Lexikografie in Berlin (ZDL) zum Thema Corona zusammen. In den Jahren zuvor wurden Vorschläge über soziale Medien, per E-Mail oder über die Website www.anglizismusdesjahres.de eingereicht.

Wer steckt hinter der Aktion Anglizismus des Jahres?

Gründer der Initiative und Vorsitzender der sechsköpfigen Jury ist der Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch, der keine Gelegenheit verstreichen lässt, sich einerseits gegen Sprachnörgelei und andererseits für einen politisch korrekten Sprachgebrauch einzusetzen. Anglizismen mag er nicht – er liebt sie. Mit der Aktion soll das Englische für seine „wichtige Rolle als Gebersprache“ und „seinen positiven Beitrag […] zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes“ gewürdigt werden. Denn englische Ausdrücke werden von den verschiedensten Sprachgemeinschaften aktiv angewandt, um sie „für ihre eigenen kommunikativen Bedürfnisse“ zu nutzen, stellt Stefanowitsch in seinem Blog fest.

Fazit

Sprache ist kein starres Konstrukt, sondern einem stetigen Wandel unterworfen. Wie Corona gezeigt hat, können plötzlich neue Begebenheiten auftreten, für die es in der deutschen Sprache noch keine konkrete Bezeichnung gibt. So bieten Anglizismen oft eine gute Möglichkeit, lange Umschreibungen zu umgehen – wie im Fall von Lockdown. Übrigens, wem schon einmal die auf den ersten Blick paradoxe Ähnlichkeit zwischen dem englischen Lockdown und dem deutschen lockern aufgefallen ist, dem empfehlen wir den Artikel Die Wortfamilie „lock-“ auf der Duden-Website.